
Sr. T. Benedicta: Für uns im Karmel* ist die Stille eigentlich unser Lebensmilieu. Trotzdem ist es auch im Kloster nicht automatisch oder selbstverständlich, in der Stille zu leben. Ich würde sagen, man wächst immer mehr in die Stille hinein ...
Eine praktische Hilfe ist, sich mit geistlichen Dingen zu beschäftigen, z.B. in der Bibel oder ein anderes gutes geistliches Buch zu lesen, oder immer wieder bewusst auf oberflächliche Unterhaltung zu verzichten, wie z.B. Fernsehen, Internet, Handy ...
Oft ist es so, dass einem gerade in der Stille die vielen Aufgaben, Gedanken, Sorgen etc. „nachlaufen“. Eine 86jährige Mitschwester sagt dazu gerne: „In so einem Fall einfach ‚Ping Pong‘ spielen“. D.h. alles, was an solchen Gedanken kommt, Gott abgeben, und wenn es wiederkommt, wieder abgeben usw. und: zum Heiligen Geist beten!
Sr. T. Benedicta: Als ich diese Frage gelesen habe, habe ich zuerst innerlich gelacht und dachte mir: die Stille ist doch schön!
Im Kloster ist das aber sicher anders als außerhalb. „In der Welt“ ist der Gegensatz der Stille zum „normalen Leben“ ja heftiger.
Also meine Tipps: manuelle Arbeit, z.B. putzen, Garten arbeiten oder einfach einen Spaziergang machen oder irgendetwas aufräumen/ordnen, was man schon lange Zeit vor sich herschiebt, und - möglicherweise ist es ein Signal, wieder einmal zur Beichte zu gehen ...
Sr. T. Benedicta: Vor dem Tabernakel, in unserer Einsiedelei im Wald, in der Natur, in meiner Zelle. Am meisten liebe ich die Morgenstunden.
Sr. T. Benedicta: Nein, erst der Karmel hat mich die Liebe zur Stille gelehrt. Bevor ich im Kloster war, habe ich eigentlich immer nebenbei Musik gehört, habe also die Stille nicht gerade gesucht ...
Sr. T. Benedicta: GOTT.
Man begegnet Gott in der Stille. In der Bibel, im 1. Buch der Könige, können wir lesen, dass der Prophet Elija diese Erfahrung am Berg Horeb machte: Gott war nicht im Sturm, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer, sondern im sanften, leisen Säuseln ... vgl. 1 Kön 19,11-12)
Interessanterweise begegne ich in der Stille aber auch mir selbst. Man wird mit seinen Schwächen und Fehlern konfrontiert, man wird „hellhörig“, ob man sich z.B. mit anderen versöhnen, ihnen verzeihen sollte ...
Was Benedikt XVI in seinem Buch „Jesus von Nazaret“ über das Gebet sagt, könnte man sicher auch von der Stille sagen: „Das Gebet/die Stille ist ein Weg, um allmählich unsere Wünsche zu reinigen, zu korrigieren, und langsam zu erkennen, was uns wirklich nottut: Gott und sein Geist.“
Sr. T. Benedicta: „Kraft der Stille“ von Kardinal Robert Sarah (fe-Medienverlag)
und: „Der Himmel ist in mir“ von Elisabeth von der Dreifaltigkeit (Verlag Christliche Innerlichkeit)
Es gibt wunderbare Texte in der Literatur der Karmel-Heiligen, wie Teresa von Avila, Johannes vom Kreuz, Elisabeth von der Dreifaltigkeit, Therese von Lisieux, Teresia Benedicta vom Kreuz (Edith Stein), die vom Leben im Innersten der Seele sprechen.
Ich denke, die Stille ist das Mittel dorthin und nicht ein Endziel für sich. Daher finde ich diese Schriften ideal, um die Sehnsucht nach der Stille zu wecken.
Sr. T. Benedicta: - Einerseits nichts erzwingen wollen und andererseits bereit sein, z.B. auf etwas zu verzichten, was die Stille stören würde, und auch bereit sein, sich ein bisschen zu „plagen“ ...
- Klein anfangen, z.B. mit ein paar Minuten Stille am Tag oder z.B. nach der hl. Messe noch kurz in Stille in der Kirche verweilen.
- Guter Tipp der hl. Teresa von Avila: dem hl. Josef dieses Anliegen anvertrauen - er ist für unser Innenleben der beste Lehrmeister. Sie sagt, er hat sie nie im Stich gelassen, wenn sie ihn um etwas gebeten hatte.
Das Interview führte Edel Fontanari
*Sr. T. Benedicta ist Priorin des Karmel Graz. Bei weiteren Fragen kann man sich gern an sie wenden.
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